Interview mit Werner Kogler

Am Bundeskongress wurdest du mit 94,5% zum Spitzenkandidaten gewählt. Was treibt dich an?

Was mich immer schon antreibt: Ich will, dass wir Umwelt, Wirtschaft und sozialen Zusammenhalt unter einen Hut bringen. Wir können nämlich nur mit der Natur wirtschaften und nicht gegen sie. Weil am Schluss brauchen wir sauberes Wasser, frische Luft und den gesunden Boden, auf dem unser Essen wächst. Dafür brenne ich. Und was mich natürlich auch antreibt: Teamarbeit. Und wir haben echt ein super Team. Mit Leonore Gewessler, Alma Zadić, Johannes Rauch, Sigi Maurer, Olga Voglauer und all den anderen Kämpfer:innen an meiner Seite, können wir ganz viel erreichen. Echten Klimaschutz gibt es nämlich nur mit den Grünen. Die Grünen sind die einzigen, die sich wirklich um Klima-, Umwelt- und Naturschutz kümmern. Wir sind eine Klimaschutzpartei und eine Durchsetzerpartei.

Beim Bundeskongress wurde Leonore Gewessler für ihr „Ja“ zur Renaturierung bejubelt. Was sagst du zu dieser Entscheidung?

Das ist ein historisches „Ja“ für die Natur in ganz Europa und eine gute Nachricht für alle Tiere und Pflanzen. Leonores „Ja“ war ein „Ja“ zu grünen Wäldern, klaren Bächen und Flüssen und gesunden Böden, in denen Wasser noch versickern kann. Gerade angesichts der Flutkatastrophen sieht man, wie wichtig Bodenschutz ist, der gleichzeitig Hochwasserschutz ist. Wir haben uns die Entscheidung nicht leicht gemacht, jeder Schritt war wohlüberlegt, rechtlich abgesichert und: sinnvoll und notwendig. Leonore und das Grüne Team haben hier bewiesen, wie engagiert und kompetent sie sich für die nächsten Generationen einsetzen, das imponiert mir extrem.

Wenn wir in die Vergangenheit schauen: Was war dein persönliches Highlight in der Amtszeit?

Wo ich mich wirklich im Alltag sehr oft drüber freue: Das Klimaticket. Ich bin ja ein begeisterter Bahnfahrer und sitze auch längere Strecken in der Eisenbahn. Da kommen die Menschen oft auf mich zu und zücken stolz ihre Karte. Das kommt echt vielen Menschen zugute. Und jetzt bekommen es Dank den Grünen auch noch alle, die 18 werden, ein Jahr gratis. Dass du mit einem Ticket alle Öffis nutzen kannst, ist echt super. So geht Verkehrswende.

Was war der größter Erfolg für dich?

Da gibt es einige. Ich denke da zum Beispiel an die ökologische und soziale Steuerreform, mit der Umweltbelastung endlich teurer und klimafreundliches Verhalten günstiger wird. Für bessere Luft und mehr Geld im Börsel. Auch der Plastikpfand, die Milliarden für den Schienenausbau, der Boom der Erneuerbaren, insbesondere Photovoltaik. Oder das Aus fürs Amtsgeheimnis, das in einem verzopften Land wie Österreich eine Sensation war. Die vielen Verbesserungen im Gesundheits- und Pflegebereich. Ganz zu schweigen von den Riesenerfolgen in der Justiz.

Du warst ja auch kurz Justizminister. Wie hat dir das gefallen?

Meine Zeit als Justizminister war sehr herausfordernd, weil sich gerade in diesen Monaten sehr viel ereignet hat. Umso mehr Respekt habe ich vor der Arbeit von Alma Zadić, die sich immer schützend vor die Justiz stellt. Und siehe da: Auch hier machen die Grünen den Unterschied. Während vor ein paar Jahren noch zurecht vom stillen Tod der Justiz die Rede war, ist diese wichtige Säule unseres Rechtstaats und der liberalen Demokratie heute lebendiger denn je. Da ist Alma Zadić wirklich sehr viel gelungen.

Und noch ein Blick in die Zukunft: Was für ein Wahlergebnis erwartest du im Herbst?

Wichtig ist ein Wahlergebnis, das uns in die Lage versetzt, dass wir Grüne weiter eine entscheidende Verantwortung für Österreich übernehmen können. Was ich mir von mir selbst und unserem grünen Team erwarte ist, dass wir ehrlich und engagiert kämpfen. Für eine lebenswerte Zukunft und für unsere Demokratie. Die braucht uns, und wir brauchen sie.

Warum ist die Wahl diesmal so wichtig? Es wird immer von einer Richtungsentscheidung gesprochen. Aber ist nicht jede Wahl eine Richtungsentscheidung?

Ja, das stimmt grundsätzlich. Aber: Für Österreich steht im September richtig viel auf dem Spiel. Naturschutz oder kein Naturschutz? Ortsränder zubetonieren oder Boden schützen? Dreck in der Luft subventionieren oder Klimaschutz, der gut fürs Börsel ist? Freunderlwirtschaft und Sehnsüchte, das eigene Land zu verscherbeln oder das strengste Anti-Korruptions- und Parteiengesetz der Geschichte? Kniefall vor dem Kriesgtreiber Putin oder mit aktiver Neutralitätspolitik an der Seite der Ukraine stehen? Putins Blutgas oder saubere Energien? Die Rechtsextremen wollen die Demokratie aushöhlen, Freiheiten zerstören und Klimaschutz abdrehen. Nur die Grünen zeigen glaubwürdig klare Kante gegen eine Regierungsbeteiligung der Rechtsextremen.

Ist das Thema Klimaschutz nicht in Anbetracht von Krieg, Krisen und Migration vielleicht zu wenig?

Nein, ganz im Gegenteil. Es ist essenziell. Weil, wenn wir Grüne den Erhalt unserer Lebensgrundlage nicht zur Priorität machen – wer tut es dann? Ohne Naturschutz gibt es den gesunden Boden nicht, auf dem unser Essen wächst. Ohne Umweltschutz gibt es das saubere Wasser nicht, das wir trinken. Und ohne Klimaschutz fehlt uns die frische Luft zum Atmen. Und: Da spielen ganz viele Themen mit. Umweltschutz ist auch eine soziale Frage, weil die Klimakrise die Menschen am härtesten trifft, die das wenigste Geld haben. Es ist aber auch eine Frage unseres Wohlstandes, weil es um nachhaltige Arbeitsplätze geht. Die jungen Menschen wollen ihr Geld nicht mehr mit der Zerstörung unserer Heimat verdienen. Und es geht darum, endlich zu verstehen, dass wir nur mit der Natur wirtschaften können und nicht gegen sie. Auf einem kaputten Planeten gibt es keine gesunde Wirtschaft.

Im Übrigen haben wir ein Konzept zur Migrationsfrage, das in Zielen und Maßnahmen Menschlichkeit und Ordnung gleichermaßen verfolgt.

Wie kann man beim Wahlkampf mitmachen?

Wir freuen uns über alle Menschen, die mit uns gemeinsam für Klimaschutz, den Sozialstaat, die Demokratie und gegen rechte Hetze kämpfen. Auf unserer Website www.gruene.at kann man sich für Newsletter anmelden, um auf dem Laufenden zu bleiben. Man erfährt von Events, kann sich die Grün Aktiv-App holen und kann sich auch aktivistisch einbringen. Und natürlich die vielleicht wichtigste Art mitzugestalten: Wählen gehen im September.

Möchtest du wieder Vizekanzler werden?

Wir wollen wieder Verantwortung übernehmen für Österreich und Europa. Für Klima- und Naturschutz, für soziale Gerechtigkeit, für die liberale Demokratie. Wir kämpfen zu jeder Zeit und an jeder Stelle für unsere europäischen Werte.

Gibt es etwas, was du unseren Leser:innen für die kommende Wahl noch mitgeben willst?

Ja, ich hätte tatsächlich ein großes Anliegen. Motiviert so viele Menschen in eurem Umfeld wie möglich, dass sie zur Wahl gehen. Es ist ein Privileg, dass wir in einem freien und demokratischen Land leben und wählen gehen können. Viele wissen nicht mehr, dass dieses Recht mit dem Blut vieler Menschen erkämpft wurde.


© Foto: Jeff Mangione